Rückblick 2024

Nationale Demenzkonferenz 2024: Tabus rund um Demenz

Alzheimer und andere Demenzerkrankungen sind nach wie vor ein grosses Tabu, obwohl in der Schweiz aktuell über 153 000 Menschen mit einer Demenz leben und jährlich ungefähr 32 900 Personen neu erkranken. Trotz verstärkter Aufklärungsarbeit stossen Betroffene immer wieder auf Unverständnis und ziehen sich deshalb zurück. Tabus rund um Demenz standen deshalb im Zentrum der vierten Nationalen Demenzkonferenz, welche am 30. April 2024 stattfand. Über 250 Teilnehmende nahmen vor Ort im Kongresszentrum Kreuz in Bern teil, während rund 320 Personen die Referate online verfolgten.

Die Konferenz wurde eröffnet mit einer kurzen Ansprache von Dr. med. Thomas Steffen, Präsident von Public Health Schweiz und Dr. iur. Catherine Gasser, Zentralpräsidentin von Alzheimer Schweiz. Anschliessend beleuchteten renommierte Referentinnen und Referenten aus unterschiedlichen Fachbereichen die zahlreichen Tabus rund um Demenzerkrankungen aus Sicht der Pflege und Ethik, aber auch aus medizinischer und rechtlicher Perspektive.

Wie sich Erkrankte wahrgenommen fühlen, wo sie Stigmatisierung erleben und welche Herausforderungen damit verbunden sind, erläuterte Dr. Valerie Keller, Universität Zürich. Anschliessend stellte Prof. Dr. Christine Clavien, Universität Genf, die unterschiedlichen Interpretationen des Begriffs «Würde» vor und zeigte auf, welche Auffassung aus ethischer Perspektive für Menschen mit Alzheimer oder einer anderem Demenzform angemessen und hilfreich ist.

Pflegeexperte Samuel Vögeli als auch Claudia Hermann, Leiterin einer Fachstelle für kognitive Beeinträchtigung und Demenz, beleuchteten anschliessend Tabus wie Ekel- und Schamgefühle, als auch die Herausforderung Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen und einer Demenz zu begleiten.

Das Nachlassen der kognitiven Fähigkeiten führt oft zu schwierigen Machtverhältnissen in Pflegebeziehungen und erhöht das Risiko für Ausbeutung von Menschen mit Demenz. Prof. Dr. Settimio Monteverde, Berner Fachhochschule, und Prof. Dr. iur. Regina E. Aebi-Müller, Universität Luzern, beleuchteten in ihren Referaten den Umgang mit solch anspruchsvollen Situationen. Im Sonderfokus zum Thema Lebensende führte Prof. Dr. med. Claudia Gamondi, CHUV, aus, wie Sterben in Würde auch für Demenzerkrankte möglich werden kann.

Besonders bewegend war das Testimonial von Nathalie De Febis. Als Angehörige berichtete sie über ihre eigenen Erfahrungen mit dem Thema Tabus und Stigmatisierung, die mit der Demenzerkrankung eines Liebsten einhergehen können.

Zum Abschluss wurde die Perspektive auf das Gesundheitswesen gerichtet: Aus Sicht von Dr. med. Sébastien Jotterand, Hausarzt, führen Tabus dazu, dass eine Diagnose oft erst spät erfolgt und damit wertvolle Zeit verstreicht, in der Betroffene sich mit der neuen Situation auseinandersetzen können. Prof. Dr. med. Stéfanie Monod, Unisanté und Mitglied des Zentralvorstandes von Alzheimer Schweiz, wies darauf hin, dass das Schweizer Gesundheitswesen nach wie vor stark auf die Behandlung von akuten Krankheiten ausgerichtet sei und ortete dringlichen Bedarf in der interdisziplinären Pflege bei chronischen Erkrankungen.

Wir freuen uns, dass wir mit dieser Veranstaltung zahlreiche Inputs geben konnten, Tabus rund um Demenz abzubauen. Wir danken allen Teilnehmenden herzlich für ihr grosses Interesse und die anregenden Diskussionen. Ein besonderer Dank geht vor allem an die Referentinnen und Referenten, welche uns spannende Einblicke ermöglichten, sowie an unsere Partner für ihre Unterstützung.

Auch die nächste Nationale Demenzkonferenz verspricht Spannendes: Diese findet am 29. April 2025 statt und widmet sich dem Thema «Zukunft der Alzheimer-Behandlung: Neue Horizonte in der Medikamentenentwicklung».

Fotos von der Konferenz

Fotograf: Peter Schneider